Pflegegrad 4

Fragen & Antworten

Was bedeutet der Pflegegrad 4?

Der Pflegegrad 4 lässt sich in etwa mit der vormals existierenden Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz (Demenz) und Stufe 3 vergleichen. Dieser Grad wird allen Personen zugesprochen, die in ihrer Selbstständigkeit schwerstens beeinträchtigt sind und nicht mehr allein zurechtkommen. Dazu zählen körperliche, geistige und/oder psychische Beeinträchtigungen. Die Leistungszuschüsse, die die Pflegekasse hier für die häusliche Pflege, für Sachmittel oder auch eine vollstationäre Pflege und weitere notwendige Leistungen bereitstellt, sind höher als in den Pflegegraden 1 und 2.

Pflegegrad 4: Voraussetzung für die Einstufung

Wird ein Antrag auf Pflegegrad gestellt, schickt die Pflegekasse bei gesetzlich Versicherten einen Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vorbei. Bei Privatversicherten übernimmt die Begutachtung ein Sachverständiger des MEDICPROOF GmbH. Generell kann ein Pflegegrad nicht direkt beantragt werden, sondern lediglich die Begutachtung und Bewertung durch einen Gutachter. Aus dem Gutachten geht dann hervor, welchen Pflegegrad der Betroffenen erhalten wird.

Die Gutachter prüfen hierbei die Pflegebedürftigkeit des Betroffenen vor Ort. Um in den Pflegegrad 4 eingestuft zu werden, muss eine schwerste Beeinträchtigung zu Bewältigung des Alltags vorliegen. Zudem ist Voraussetzung, dass der Pflegebedürftige rund um die Uhr Unterstützung benötigt. Einen pauschalen Krankheits- und Beschwerdekatalog gibt es nicht, da von Fall zu Fall entschieden wird. Als Anhaltspunkt lässt sich sagen, dass Personen mit fortgeschrittener Demenz oder Alzheimer und größten körperlichen Beschwerden in der Regel für Pflegegrad 4 berechtigt sind.

Bei der Gesamtbewertung fließt der Punktestand des Moduls Selbstversorgung mit 40 % am stärksten mit ein. Zur Einstufung in den Pflegegrad 4 muss eine Gesamtpunktzahl von 70 bis 89,5 Punkten durch den Gutachter ermittelt werden.

Gut zu wissen: Im Vorfeld der Begutachtung durch den MDK oder MEDICPROOF ist es förderlich, wenn Angehörige ein Pflegetagebuch führen. Darin wird festgehalten, wie viel Zeit an Grundversorgung täglich für den Pflegebedürftigen verwendet wird, bei welchen Prozessen des Alltags die Person Hilfe benötigt und in welchem Rahmen. Auch sollten die pflegenden Angehörigen festhalten, wie die tägliche psychische Verfassung der zu pflegenden Person ist. Jeder Punkt, der bei der Einstufung in den Pflegegrad hilft, ist wichtig. Auch Arztbelege, Quittungen über Medikamente und Krankenhausbesuche helfen, ein möglichste detailliertes Bild zu liefern. Wichtig ist auch, dass Angehörige, aber auch der Betroffene selbst realistisch schildern, welche Handlungen noch gut klappen und welche Tätigkeiten schwer fallen oder ohne Hilfe nicht mehr durchführbar sind.

 

Die Bewertung funktioniert über ein Punktesystem, für das verschiedene Module bewertet werden:

  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  • Selbstversorgung
  • Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Pflegegrad 4: Leistungen

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Leistungen, die im Pflegegrad 2 in Anspruch genommen werden können.

Pflegegrad Sachleistung/Monat ambulant Pflegegeld/Monat ambulant Entlastungsbetrag nur Kostenerstattung/Monat ambulant Leistungsbetrag/Monat ambulant Kurzzeitpflege/Jahr Verhinderungs-pflege/Jahr
4 1.778 € 764 € 125 € 1.775 € 1.774 € 1.612 €

Stand: 01.01.2024; die Beträge sind auf ganze Euro gerundet

 

 

Was wird von der Pflegekasse bezuschusst?

Personen, die in den zweithöchsten Pflegegrad, Grad 4, eingestuft werden, können den Alltag körperlich, geistig und/oder psychisch nicht allein bewältigen und benötigen ein hohes Maß an Unterstützung. Die Kasse spricht den Betroffenen in diesem Fall Pflegesachleistungen von 1.778 Euro monatlich zu, insofern ein ambulanter Pflegedienst beansprucht wird. Dieser übernimmt die täglich notwendige Grundpflege (Körperpflege, Zahnpflege, Ankleiden, Treppensteigen, Essen) beim Pflegebedürftigen. Der konkrete zeitliche Aufwand richtet sich stets nach dem individuellen Bedarf des Pflegebedürftigen. Werden Pflegebedürftige des Grades 4 von Familienmitgliedern gepflegt, erhalten die Antragsteller monatlich 764 Euro für die Pflege durch die Angehörigen. Wird der Pflegende vollstationär in einem Heim versorgt, bezuschusst die Kasse die Kosten mit 1.775 Euro monatlich.

Wie bei allen anderen Pflegegraden erhält der Pflegebedürftige von der Kasse monatlich 125 Euro. Diese gelten als Entlastungsbetrag im Sinne einer Kostenrückerstattung für zusätzliche Unterstützung im Haushalt, die nichts mit der pflegerischen Grundversorgung zu tun haben. Dieser Betrag wird dem Betroffenen von der Pflegekasse zurückgezahlt, insofern entsprechende Quittungen und Zahlungsbelege eingereicht wurden.

Es werden bis zu 6 Wochen pro Jahr 1.612 € Verhinderungspflege insgesamt gezahlt. Die Verhinderungspflege kommt dann zum Einsatz, wenn der pflegende Angehörige im Urlaub oder krank ist und für diesen Zeitraum ein Pflegedienst beschäftigt wird. Die Verhinderungspflege wird nur übernommen, insofern der Pflegebedürftige keine Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst beansprucht.

Ein Zuschuss für die Kurzzeitpflege ist in den Kassenleistungen ebenfalls enthalten. In der Regel für bis zu 8 Wochen pro Jahr erhält der Pflegebedürftige maximal 1.774 Euro insgesamt. Kurzzeitpflege kann beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt und einer Operation notwendig sein. Eine Kurzzeitpflege greift auch dann, wenn die pflegenden Angehörigen eine Verschnaufpause benötigen.

Beispiel Pflegegrad 4

Nehmen wir als Beispiel für diesen Pflegegrad eine fiktive Person:

Frau Baumgart, 82 Jahre alt, erlitt vor 2 Jahren einen Schlaganfall, von dem sie sich nie ganz erholte. Ihre linke Körperseite ist gelähmt und auch das Sprechen ist für sie sehr mühsam. In ihrer alters- und situationsgerecht umgebauten Wohnung bewegt sie sich mit dem Rollstuhl fort. Im Mietshaus, in dem sie wohnt, gibt es zum Glück einen Fahrstuhl. Waschen, Anziehen und Essen – sie leidet unter einer Schluckstörung – gelingen Frau Baumgart nur mit Unterstützung. Beim Toilettengang benötigt sie ebenfalls Hilfe.

Sie ist also täglich auf jemanden angewiesen, um den Alltag zu meistern. Zusätzlich kommt einmal pro Woche eine Logopädin vorbei, mit der sie das Sprechen ein Stück weit wieder erlernt. Durch das Gutachten des MDK erhält Frau Baumgart insgesamt 76,5 Punkte und damit den Pflegegrad 4.

Fragen und Antworten Pflegegrad 4

Wie wird der Pflegegrad 4 beantragt und festgestellt?

Wie bei allen anderen Pflegegrade kann ein konkreter Pflegegrad nicht direkt beantragt werden. Ein Gutachter bewertet die Situation vor Ort und legt einen Pflegegrad fest. Kontaktieren Sie dazu Ihre Krankenkasse. Bitten Sie sie um Zusendung des entsprechenden Antragformulars. Haben Sie es ausgefüllt, senden Sie das Formular zurück an Ihre Pflegekasse, die zeitnah einen Gutachter vorbeischickt.

Wie viele Stunden pro Woche Pflege erhält eine Person im Pflegegrad 4?

Seit Januar 2017 gibt es keinen allgemeinen festen Richtwert mehr, der festlegt, wie viele Stunden pro Tag eine Person Pflege bedarf, um diesen Pflegegrad zu erreichen. Allein die Gesamtpunktzahl der verschiedenen Module sind ausschlaggebend.

Was ist der Unterschied zwischen Pflegegeld und Pflegesachleistung?

Der Unterschied zwischen diesen beiden Leistungen besteht in der Person, die die Pflege übernimmt. Wird Pflegegeld beantragt, dann kümmert sich ein Angehöriger oder ein Bekannter um den Pflegebedürftigen und kann darauf die monatlichen 764 Euro verwenden. Sorgt sich ein professioneller Pflegedienst ambulant um die Person, wird von der Kasse ein Zuschuss von 1.778 Euro monatlich gezahlt.

Die beiden Finanzleistungen können auch miteinander kombiniert werden. Wer beispielsweise einen ambulanten Pflegedienst kommen lässt, um den Pflegebedürftigen täglich zu waschen und zu duschen, die restlichen pflegerischen Aufgaben aber selbst übernimmt, erhält die restliche Pflegesachleistung als Pflegegeld. Der jeweilige Anteil wird prozentual berechnet. Maximal dürfen 40 % der Pflegesachleistungen einer professionellen Pflegekraft auf das Pflegegeld für pflegende Angehörige übertragen werden.

Gut zu wissen: Wer eine Kombileistung beantragt, ist sechs Monate daran gebunden. Es sollte also wohlüberlegt sein, welche Pflegeaufgaben der Angehörige realistisch übernehmen und in seinen eigenen Alltag einbauen kann und welche an den Pflegedienst abgegeben werden.

Wer erhält Pflegegrad 4?

Diesen Pflegegrad erhalten Personen, die laut Gutachten im Alltag und in ihrer Selbstständigkeit erheblich beeinträchtigt sind und auf die Hilfe Dritter angewiesen sind.

Wie lege ich Widerspruch gegen Pflegegrad 4 ein?

Etwa jeder dritte Antrag auf einen Pflegegrad wird abgelehnt. In diesem Fall sollten Sie innerhalb von 4 Wochen nach Erhalt des Ablehnungsbescheides Widerspruch einlegen. Erledigen Sie das immer schriftlich – per Einschreiben mit Rückschein.

Prüfen Sie dazu zunächst das der Ablehnung beigefügte Gutachten und gehen Sie alle dort aufgelisteten Punkte durch. Folgende Überlegungen helfen außerdem: War am Tag der Begutachtung der Pflegebedürftige ungewöhnlich fit und entsprach dieser Tag möglicherweise nicht dem durchschnittlichen Pflegealltag? Wurden alle Sachverhalte korrekt erfasst oder fehlen einige Punkte? Halten Sie alles schriftlich fest, was Ihnen auffällt oder diesbezüglich in den Sinn kommt. So vergessen Sie nichts, wenn Sie in den Widerspruch gehen.

Lassen Sie sich am besten auch von einem Pflegeberatungsdienst unterstützen. Solche Beratungsstellen sind speziell auf diese Fälle spezialisiert und kennen alle Tricks und Kniffe. So erhöhen Sie die Chancen, dass der Antrag auf Pflegeleistungen im nächsten Gang erfolgreich ist. Ein Widerspruch muss gründlich vorbereitet sein. Das heißt für Sie: Fordern Sie Arztbriefe, Atteste, Entlassungsberichte und alles andere ein, das für die Pflegebedürftigkeit der betroffenen Person spricht. Auch ein tägliches Pflegetagebuch kann bei den Bewertungspunkten zu dem Unterschied führen, der Ihnen den Pflegegrad 4 im Folgegutachten beschert.

Gut zu wissen: Innerhalb der vierwöchigen Frist reicht eine schriftliche Mitteilung an die Pflegeversicherung, dass Sie gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch einlegen. Hier müssen Sie noch keine Gründe angeben. Anschließend haben Sie deutlich länger als die vier Wochen Zeit, den Widerspruch gut vorzubereiten.

Hinweis
¹ Anders als die Begriffe 24 Stunden Pflege oder 24 Stunden Betreuung vermuten lassen, arbeiten unsere Pflegekräfte nicht durchgehend 24 Stunden vor Ort, sondern nach gültigen Arbeitszeitgesetzen mit täglichen Ruhepausen und ausreichenden Ruhe- und Regenerationsphasen. Eine 24-Stunden-Pflege mit durchgehender Präsenz ist dabei nicht ausgeschlossen, erfordert aber den Einsatz von entsprechend mehr Personal.


Der täglich zur Verfügung stehende Stundenumfang der Pflegekraft beinhaltet eine aktive Arbeitszeit und eine Bereitschaftszeit, in der die Pflegekraft vor Ort auf Anforderung zur Verfügung steht. Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils getroffenen Absprachen und berücksichtigt den persönlichen Rhythmus und den gewohnten Tagesablauf des Kunden. Die aktive Zeit beinhaltet Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlicher Tätigkeiten. Dabei verteilt sich die Arbeitszeit auf die Phasen, in denen der Pflegebedürftige konkrete Unterstützung benötigt oder Aufgaben im Haushalt anfallen. Außerhalb dieser Zeiten befindet sich die Pflegekraft auf Abruf in sogenannter Rufbereitschaft. Während dieser Rufbereitschaftszeit besteht für die Pflegekraft keine Verpflichtung, sich im Haus aufzuhalten. Sie kann aber bei Bedarf telefonisch kontaktiert werden, wenn eine konkrete Unterstützung des Pflegebedürftigen vor Ort erforderlich ist. Die Rufbereitschaft besteht auch während der Nacht. Wobei im Fall eines nächtlichen Einsatzes aufgrund der gesetzlichen Ruhezeiten ein Zeitausgleich am Folgetag erforderlich sein kann.


Die Begriffe „24 Stunden Pflege“ und „24 Stunden Betreuung“ werden umgangssprachlich und branchenüblich genutzt.