Pflegegrade
Alles Wichtige rund um die Beantragung und Leistungen

Pflegegrade, Berechnung und Leistungen im Überblick

In der heutigen Zeit gibt es zunehmend ältere Menschen, die auf externe Hilfe angewiesen sind, um ihren Alltag zu meistern. Aber auch Kleinkinder können hiervon bereits betroffen sein und eine externe Unterstützung benötigen – sei es aufgrund einer einschränkenden Krankheit, einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung. In solchen Fällen greift das deutsche Pflegesystem mit seinen Pflegegraden. So wird sichergestellt, dass alle Pflegebedürftige gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung haben.

Hierbei regeln fünf Pflegegradewelche Pflegeleistungen Betroffene von der Pflegeversicherung erhalten. Wir informieren Sie nachfolgend, wie Sie einen Pflegegrad beantragen können, unter welchen Kriterien die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade erfolgt, mit welchen Leistungsbeträgen Sie rechnen können und über weitere wichtige Themen.

 

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit 2017 gibt es in Deutschland fünf Pflegegrade, die das Maß an Pflegebedürftigkeit bei Betroffenen angeben. Die Höhe des Pflegegrads entscheidet zudem darüber, welchen Leistungsbetrag die Hilfebedürftigen aus der Pflegeversicherung erhalten.
  • Vor Einführung der Pflegegrade wurden Pflegebedürftige in drei Pflegestufen eingeteilt, diese gibt es seit 2017 nicht mehr.
  • Die Einstufung in einen Pflegegrad muss bei der zuständigen Pflegekasse beantragt werden. Das kann formlos via Brief, Fax, Mail oder Telefon geschehen.
  • Die Einstufung selbst erfolgt im Rahmen einer Pflegebegutachtung im Zuhause des Pflegebedürftigen. Dabei wird anhand von sechs Modulen der Grad an Eigenständigkeit des Betroffenen bewertet.
  • Gegen die Einstufung kann Widerspruch eingelegt werden. Auch eine Höherstufung ist möglich, sollte sich der gesundheitliche Zustand verschlechtern.

Pflegegrade – wie werden sie definiert?

Durch Inkrafttreten des zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wurden 2017 die bisherigen drei Pflegestufen durch die heutigen fünf Pflegegrade abgelöst. Grundlage hierfür ist die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der sich an den individuellen Bedürfnissen, Beeinträchtigung und Fähigkeiten eines einzelnen Menschen orientiert.

 

Wie wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit definiert?

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit ist in Paragraf 14 des elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) definiert:

„Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer voraussichtlich für mindestens sechs Monate und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“ (§14 SGB XI)

 Je nach Schwere der Beeinträchtigungen erhalten Personen einen der fünf Pflegegrade zugewiesen. Seit der Pflegereform im Jahr 2017 werden dabei nicht mehr nur die körperlichen Beeinträchtigungen zur Beurteilung herangezogen, sondern auch die kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen betrachtet.

Die fünf Pflegegrade

Liegt bei Menschen eine Pflegebedürftigkeit vor, werden sie im Rahmen einer Pflegebegutachtung in einen der fünf Pflegegrade eingestuft, um die Schwere der Beeinträchtigung festzustellen. Die Einstufung in einen Pflegegrad ist Voraussetzung, um Geld- und Sachleistungen aus der Pflegeversicherung zu erhalten.

  • Pflegegrad 1:Um Pflegegrad 1 zu erhalten, muss eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ vorliegen. Menschen mit diesem Pflegegrad sind demnach noch weitgehend selbstständig und benötigen nur geringe Hilfe bei alltäglichen Aufgaben.
    Erfahren Sie mehr über Pflegegrad 1
  • Pflegegrad 2:Pflegegrad 2 ist der erste vollwertige Pflegegrad, bei dem der Pflegebedürftige das monatliche Pflegegeld erhält und alle Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen kann. Diese Personen sind „in ihrer Selbstständigkeit erheblich beeinträchtigt“.
    Erfahren Sie mehr über Pflegegrad 2
  • Pflegegrad 3: Die Einstufung in den Pflegegrad 3 bedeutet, dass bei Betroffenen eine „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ vorliegt. Dazu zählen schwere motorische Einschränkungen, Teil-Lähmungen, Rückenmarkserkrankungen, Multiple Sklerose, Demenz und ähnliche Beschwerden.
    Erfahren Sie mehr über Pflegegrad 3
  • Pflegegrad 4: Pflegegrad 4 erhalten Betroffene, die mit „schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ zu kämpfen haben. Die Personen benötigen rund um die Uhr Betreuung und Pflege. Darunter fallen fortgeschrittene Demenz, Alzheimer und höchste körperliche Beschwerden.
    Erfahren Sie mehr über Pflegegrad 4
  • Pflegegrad 5: Unter diesen Pflegegrad fallen alle Menschen, die „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ vorweisen und auf höchsten pflegerischen Aufwand angewiesen sind und spezielle Anforderungen an die pflegende Person stellen. Häufig sind Personen mit Pflegegrad 5 bettlägerig.
    Erfahren Sie mehr über Pflegegrad 5

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Umstellung der Pflegestufen auf die Pflegegrade

 Im Jahr 2017 wurden die bisherigen drei Pflegestufen durch die heutigen fünf Pflegegrade abgelöst. Bei den alten Pflegestufen standen Menschen mit körperlichen Einschränkungen im Vordergrund, während Menschen mit Demenz und psychischen Krankheiten kaum bedacht wurden. Diese Personen sind körperlich zwar meist fit, benötigen aber dennoch Hilfe im Alltag.

Durch die Einführung der Pflegegrade wurde dieses Ungleichgewicht behoben. So haben Demenzerkrankte inzwischen den gleichen Anspruch auf die Pflegeleistungen wie körperlich beeinträchtigte Personen. Durch Inkrafttreten des zweiten Pflegestärkungsgesetzes wurden 2017 die bisherigen Pflegestufen ohne neue Begutachtung der Bedürftigen wie folgt umgewandelt:

Pflegestufe Pflegegrad
1
  • Pflegestufe 0
  • Pflegestufe 1
2
  • Pflegestufe 1 mit eingeschränkter Alltagskompetenz
  • Pflegestufe 2
3
  • Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz
  • Pflegestufe 3
4
  • Pflegestufe 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz
  • Pflegestufe 3 mit Härtefall
5

Hinweis: Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz sind meist noch körperlich fit, leiden aber unter geistigen Einschränkungen, Fähigkeitsstörungen aufgrund von Demenz oder psychischen Erkrankungen.

Wie wird ein Pflegegrad beantragt und festgestellt?

Um Geld- und Sachleistungen aus der Pflegeversicherung geltend machen zu können, ist die Beantragung eines Pflegegrades unbedingt notwendig. Um diese Antrag bei Ihrer Pflegekasse zu stellen, haben Sie zwei Optionen: telefonisch oder schriftlich. Es empfiehlt sich jedoch, dies schriftlich zu machen und dabei auf eine Eingangsbestätigung zu achten, denn so haben Sie die Möglichkeit, Leistungen rückwirkend bis zum Tag der Antragstellung einzufordern – diesen Tag müssen Sie nachweisen können, was bei einer telefonischen Beantragung nicht möglich ist.

Grundsätzlich ist eine formlose Beantragung via Brief, Fax, Mail oder Telefon ausreichend. Nutzen Sie dazu gerne unseren formlosen Musterantrag.

Der Antrag muss von dem oder der Betroffenen selbst gestellt werden. Ist dies nicht möglich, kann dies auch ein Bevollmächtigter oder Betreuer für den Pflegebedürftigen übernehmen. Hierfür sollte dem Antrag eine Kopie der Vollmacht oder des Betreuerausweises beigelegt werden.

 

Im Rahmen der Beantragung eines Pflegegrads findet schließlich eine Pflegebegutachtung statt, um beim Betroffenen die Schwere der Pflegebedürftigkeit nach §14 SGB XI festzustellen. Das Vorliegen dieser Pflegebedürftigkeit ist notwendig, um einen Anspruch auf die Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten.

Doch welche Einstufung kommt für Sie oder Ihren Angehörigen infrage? Keine Sorge, diese Frage müssen Sie bei der Beantragung des Pflegegrads nicht beantworten. Die Einstufung erfolgt im Rahmen der Pflegebegutachtung, die von Ihrer Krankenkasse beauftragt wird, nachdem Sie den Antrag auf einen Pflegegrad gestellt haben.

Sind Sie gesetzlich versichert, übernimmt ein Gutachter des Medizinisches Diensts (MD) die Einschätzung, bei Privatversicherten ein Gutachter von MEDICPROOF.

Gut zu wissen: Mit unserem Pflegegradrechner können Sie bereits vorab Ihren oder den Pflegegrad Ihres Angehörigen einschätzen.

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Die Pflegebegutachtung: So erfolgt die Einstufung in einen Pflegegrad

Nachdem Sie bei Ihrer Pflegekasse den Antrag auf einen Pflegegrad gestellt haben, bewertet ein Gutachter im Zuhause des Hilfebedürftigen alle wichtigen Faktoren, die bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit von Bedeutung sind. Hierzu zählen die körperlichen, psychischen und die kognitiven Beeinträchtigungen. Grundlage für die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade sind die nachfolgenden sechs Module, in deren Rahmen die bestehenden Fähigkeiten und die Eigenständigkeit des Begutachteten bewertet werden.

 Module für die Pflegebegutachtung: Diese Kriterien entscheiden über den Pflegegrad

Modul Gewichtung
1. Mobilität:

Wie selbstständig kann sich die zu begutachtende Person fortbewegen? Hierzu zählen unter anderem das Aufstehen und Hinsetzen, das Gehen und Treppensteigen sowie das Zubettgehen.

10 %
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten:

Hierunter fällt die Sprachfähigkeit, die räumliche und zeitliche Orientierung sowie die Fähigkeit, selbstständige Entscheidungen zu treffen.

7,5 %
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen:

Wie häufig zeigt der Betroffene aggressives oder ängstliches Verhalten? Benötigt er Hilfe aufgrund von Unruhe oder psychischen Belastungen?

7,5 %
4. Selbstversorgung:

Wie selbstständig kann die Person der täglichen Körperpflege nachgehen und sich selbst an- und auskleiden? Ist Hilfe bei der Zubereitung von Mahlzeiten oder der Nahrungsaufnahme nötig?

40 %
5. Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:

Benötigt der Betroffene Unterstützung bei der Behandlung von Krankheiten? Zum Beispiel bei Arztbesuchen, der Einnahme von Medikamenten oder der Wundversorgung.

20 %
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte:

Ist eine eigenständige Gestaltung des Alltags wie zum Beispiel das Planen und Ausführen von Beschäftigungen in der Freizeit oder der Kontakt zu Familie und Freunden eigenständig möglich?

15 %
7. Außerhäusliche Aktivitäten
8. Haushaltsführung

Die beiden letzten Pflegegrad-Module „Außerhäusliche Aktivitäten (7)“ und „Haushaltsführung (8)“ nehmen keinen Einfluss auf die Einstufung in einen Pflegegrad. Diese Module dienen dazu, Pflegekräften eine individuellere Planung der Pflege zu ermöglichen.

Den Modulen sind jeweils feste Punktwerte zugeordnet. Der Gutachter vergibt pro Modul eine bestimmte Punktzahl, die sich aufgrund der festgestellten Beeinträchtigungen ergibt – wie häufig bzw. wie groß ist die benötigte Unterstützung? Die Höhe der Punktzahl bestimmt schließlich die Höhe des Pflegegrads: Umso höher die Punktzahl, desto höher fällt der Pflegegrad aus und umso mehr Pflegeleistungen erhält der Pflegebedürftige. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick darüber, welche Punktzahl zu welchem Pflegegrad führt.

 

Die Pflegegrad-Punkte im Überblick

Grad der Selbstständigkeit Punktzahl Pflegegrad
Geringe Beeinträchtigung 12,5 bis unter 27 1
Erhebliche Beeinträchtigung 27 bis unter 47,5 2
Schwere Beeinträchtigung 47,5 bis unter 70 3
Schwerste Beeinträchtigung 70 bis unter 90 4
Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung 90 bis 100 5

 

Bei welchen Krankheiten kommt ein Pflegegrad in Frage?

Oft wird fälschlicherweise angenommen, Pflegegrade und die damit verbundenen Leistungen gelten nur für ältere Menschen. Es gibt eine lange Liste an körperlichen und psychischen Krankheiten, die jeden Menschen unabhängig vom Alter zu einem Pflegefall machen können. Diese Liste ist keinesfalls als vollständig anzusehen. Sie gibt allerdings einen Einblick in die Bandbreite an Einschränkungen, die zu einem Pflegefall führen können. Neben den alterstypischen Erkrankungen wie Demenz oder auch Alzheimer zählen dazu:

 

Wie wird der Pflegegrad und die Pflegebedürftigkeit bei Kindern festgestellt?

Auch Kinder haben ein Anrecht auf Unterstützung durch die Pflegekasse. Bei körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen kann bereits ab der Geburt tägliche Pflege notwendig sein. Da Säuglinge, egal ob gesund oder beeinträchtigt, rund um die Uhr von den Eltern betreut werden müssen, ist die Pflegebedürftigkeit bei dieser Altersgruppe schwierig festzustellen. Es muss nachgewiesen werden, dass der Pflegeaufwand des Babys den für einen gesunden Säugling normalen Aufwand deutlich übersteigt. Der Austausch mit anderen Eltern hilft dabei. Auch der Kinderarzt kann bei den U-Terminen grob einschätzen, ob Ihr Baby ungewöhnlich viel Pflege benötigt.

Besteht Handlungsbedarf, stellen die Erziehungs- und Vertretungsberechtigten bei der Pflegekasse des Kindes ebenfalls einen Antrag auf Feststellung des Pflegegrades.

Da sich Kinder in der Entwicklung befinden, gelten bei der Feststellung andere Kriterien als bei Erwachsenen. Hier wird zum Feststellen des Grads der Eigenständigkeit der Vergleich mit altersgerecht entwickelten Kindern herangezogen.

 

Tipp:
Ab Antragstellung ist es hilfreich, ein ausführliches Pflegetagebuch zu führen, um die Chancen auf Erfolg zu steigern, da die Ablehnungsquote der Pflegeanträge für Kinder sehr hoch ist. Sammeln Sie alle Daten, die Ihr Kind betreffen: Arztbriefe, Diagnoseberichte, Ihre täglichen Verrichtungen etc.

Wie lege ich Widerspruch gegen den Pflegegradbescheid ein?

Ein bis zwei Wochen nach der Pflegebegutachtung erhalten Sie von Ihrer Pflegekasse einen Bescheid darüber, ob eine Pflegebedürftigkeit festgestellt werden konnte und falls ja, wie hoch diese ausfällt und welchen Pflegegrad Ihnen zugeteilt wird. Dabei wird fast jeder fünfte Antrag abgelehnt. Auch kann es vorkommen, dass der Pflegegrad aus Sicht des Betroffenen zu niedrig ausfällt – für viele erstmal ein Schock. Doch keine Sorge, dabei handelt es sich um kein endgültiges Ergebnis. Gegen diesen Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden. Hierbei müssen Sie unbedingt ein paar Punkte beachten:

 

Das Wichtigste vorab:

  • Nachdem der Bescheid der Pflegekasse bei Ihnen eingegangen ist, haben Sie einen Monat lang Zeit, um Widerspruch einzulegen.
  • Eine gute Begründung ist für einen erfolgreichen Widerspruch unentbehrlich.
  • Mit dem Bescheid erhalten Sie in der Regel auch das erstellte Pflegegutachten. Falls Sie dieses noch nicht erhalten haben, sollten Sie dieses nun unbedingt anfordern.

 

Notwendige Schritte zum erfolgreichen Widerspruch gegen den Pflegegradbescheid:

Widerspruch einreichen
Reichen Sie den Widerspruch zwingend fristgerecht und schriftlich bei Ihrer Pflegekasse ein. Die Frist beträgt einen Monat nach Zustellung des Bescheids. Eine Begründung benötigen Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wenn Sie die Frist verstreichen lassen, ist ein neuer Antrag und eine neue Begutachtung erst nach sechs Monaten erneut möglich.

Widerspruch begründen
Der Erfolg Ihres Widerspruchs steht und fällt mit Ihrer Begründung. Mögliche Anhaltspunkte können sein:

  • Die betroffene Person war am Tag der Pflegbegutachtung erheblich fitter und selbstständiger, als es für gewöhnlich der Fall ist.
  • Der tatsächliche Bedarf an benötigter Unterstützung wurde von der zu begutachtenden Person falsch dargestellt.
  • Der Zustand des Betroffenen hat sich seit dem Tag des Gutachtens deutlich verschlechtert.
  • Es gibt wichtige Kriterien der Pflege, die im Gutachten keine Berücksichtigung gefunden haben.

Beim Ausarbeiten Ihrer Begründung sollten Sie auf drei wichtige Punkte achten:

  • Prüfen Sie das erstellte Gutachten ganz genau auf Richtigkeit.
  • Ziehen Sie, wenn nötig, Hilfe von Dritten hinzu, die vom Fach sind und Sie unterstützen können.
  • Halten Sie Dokumente bereit, die einen erhöhten Pflegebedarf beweisen können. Hierzu zählen Arztbriefe, Diagnoseberichte, Medikamentenpläne etc.

Auch ein Gegengutachten eines unabhängigen Gutachters ist aussagekräftig, dieses müssen Sie allerdings selbst bezahlen.

 

Der Höherstellungsantrag: Wie kann der Pflegegrad erhöht werden?  

Nicht selten nehmen die Einschränkungen von Betroffenen im Alltag durch das Fortschreiten einer Krankheit oder das des Alters zu. Auch neue Krankheiten können dazu führen, dass der Pflegebedarf steigt. Daher ist es wichtig, den gesundheitlichen Zustand und die Pflegebedürftigkeit im Blick zu behalten und regelmäßig zu überprüfen. Steht der aktuelle Pflegegrad noch im Verhältnis zur tatsächlich benötigten Unterstützung und zur gesundheitlichen Situation des Betroffenen? Sollte dies nicht der Fall sein und der tatsächliche Pflegebedarf fällt höher aus und entspricht nicht mehr dem zugewiesenen Pflegegrad, kann bei der Pflegekasse ein Antrag auf Höherstufung gestellt werden.

Die Höherstufung läuft ähnlich zur Ersteinstufung ab. Ein formloser Brief an die Pflegekasse ist ausreichend, um den Antrag zu stellen. Der erneute Besuch eines Pflegebegutachters entscheidet schließlich darüber, ob die Höherstufung akzeptiert oder abgelehnt wird.

Welche Pflegeleistungen erhalte ich pro Pflegegrad? Ein Überblick.

Haben Sie die Pflegebegutachtung schließlich erfolgreich abgeschlossen und einen der fünf Pflegegrade zugewiesen bekommen, stehen Ihnen je nach Höhe des Pflegegrads unterschiedliche Leistungen aus der Pflegeversicherung zu. Die nachfolgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die möglichen Leistungen.*

 

Am 26. Mai 2023 hat der Deutsche Bundestag das Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz (PUEG) verabschiedet. Die Reform brachte nicht nur Veränderungen für Pflegeeinrichtungen und Pflegekräfte mit sich, sondern auch für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. So wurden zum 1. Januar 2024 unter anderem die Pflegesachleistungen und das Pflegegeld angehoben.

Leistungsart Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5
Monatliche Leistungen
Pflegegeld (bei Pflege durch Angehörige) 332 € 572 € 764 € 946 €
Pflegesachleistungen (bei Pflege durch einen professionellen Dienst) 761 € 1.432 € 1.778 € 2.200 €
Tages- und Nachtpflege 689 € 1.298 € 1.612 € 1.995 €
Vollstationäre Pflege 770 € 1.262 € 1.775 € 2.005 €
Entlastungsbetrag 125 € 125 € 125 € 125 € 125 €
Pflegehilfsmittel 40 € 40 € 40 € 40 € 40 €
Hausnotruf 25,50 € 25,50 € 25,50 € 25,50 € 25,50 €
Wohngruppenzuschlag 214 € 214 € 214 € 214 € 214 €
Jährliche Leistungen
Kurzzeitpflege 1.774 €
(zzgl. max. 1.612 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Verhinderungspflege, insgesamt bis zu 3.386 €)
1.774 €
(zzgl. max. 1.612 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Verhinderungspflege, insgesamt bis zu 3.386 €)
1.774 €
(zzgl. max. 1.612 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Verhinderungspflege, insgesamt bis zu 3.386 €)
1.774 €
(zzgl. max. 1.612 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Verhinderungspflege, insgesamt bis zu 3.386 €)
Verhinderungspflege 1.612 €
(zzgl. max. 806 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Kurzzeitpflege, insgesamt bis zu 2.418 €)
1.612 €
(zzgl. max. 806 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Kurzzeitpflege, insgesamt bis zu 2.418 €)
1.612 €
(zzgl. max. 806 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Kurzzeitpflege, insgesamt bis zu 2.418 €)
1.612 €
(zzgl. max. 806 € aus nicht beanspruchten Mitteln der Kurzzeitpflege, insgesamt bis zu 2.418 €)
Sonderleistungen
Wohnraumanpassungen (je Gesamtmaßnahme) 4.000 € 4.000 € 4.000 € 4.000 € 4.000 €

* Stand: 01.01.2024; die Beträge sind auf ganze Euro gerundet

Fragen & Antworten zu den Pflegegraden

Was ist ein Pflegegrad?

Durch Inkrafttreten des zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wurden 2017 die bisherigen drei Pflegestufen durch die heutigen fünf Pflegegrade abgelöst. Grundlage hierfür ist die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der sich an den individuellen Bedürfnissen, Beeinträchtigung und Fähigkeiten eines einzelnen Menschen orientiert.“ 

 

Wie wird ein Pflegegrad beantragt und festgestellt?

Um Geld- und Sachleistungen aus der Pflegeversicherung geltend machen zu können, ist die Beantragung eines Pflegegrades unbedingt notwendig. Um diesen Antrag bei Ihrer Pflegekasse zu stellen, haben Sie zwei Optionen: telefonisch oder schriftlich. Es empfiehlt sich jedoch, dies schriftlich zu machen und dabei auf eine Eingangsbestätigung zu achten, denn so haben Sie die Möglichkeit, Leistungen rückwirkend bis zum Tag der Antragstellung einzufordern – diesen Tag müssen Sie nachweisen können, was bei einer telefonischen Beantragung nicht möglich ist.

 

Wie wird die Pflegebedürftigkeit bei Kindern festgelegt?

Auch Kinder haben ein Anrecht auf Unterstützung durch die Pflegekasse. Bei körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen kann bereits ab der Geburt tägliche Pflege notwendig sein. Da Säuglinge, egal ob gesund oder beeinträchtigt, rund um die Uhr von den Eltern betreut werden müssen, ist die Pflegebedürftigkeit bei dieser Altersgruppe schwierig festzustellen. Es muss nachgewiesen werden, dass der Pflegeaufwand des Babys den für einen gesunden Säugling normalen Aufwand deutlich übersteigt. Der Austausch mit anderen Eltern hilft dabei. Auch der Kinderarzt kann bei den U-Terminen grob einschätzen, ob Ihr Baby ungewöhnlich viel Pflege benötigt.

Wie lege ich Widerspruch gegen den Pflegegradbescheid ein?

Widerspruch einreichen
Reichen Sie den Widerspruch zwingend fristgerecht und schriftlich bei Ihrer Pflegekasse ein. Die Frist beträgt einen Monat nach Zustellung des Bescheids. Eine Begründung benötigen Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wenn Sie die Frist verstreichen lassen, ist ein neuer Antrag und eine neue Begutachtung erst nach sechs Monaten erneut möglich. 

Widerspruch begründen
Der Erfolg Ihres Widerspruchs steht und fällt mit Ihrer Begründung. Mögliche Anhaltspunkte können sein:

  • Die betroffene Person war am Tag der Pflegbegutachtung erheblich fitter und selbstständiger, als es für gewöhnlich der Fall ist.
  • Der tatsächliche Bedarf an benötigter Unterstützung wurde von der zu begutachtenden Person falsch dargestellt.
  • Der Zustand des Betroffenen hat sich seit dem Tag des Gutachtens deutlich verschlechtert.
  • Es gibt wichtige Kriterien der Pflege, die im Gutachten keine Berücksichtigung gefunden haben. 

Beim Ausarbeiten Ihrer Begründung sollten Sie auf drei wichtige Punkte achten:

  • Prüfen Sie das erstellte Gutachten ganz genau auf Richtigkeit.
  • Ziehen Sie, wenn nötig, Hilfe von Dritten hinzu, die vom Fach sind und Sie unterstützen können.
  • Halten Sie Dokumente bereit, die einen erhöhten Pflegebedarf beweisen können. Hierzu zählen Arztbriefe, Diagnoseberichte, Medikamentenpläne etc. 

Auch ein Gegengutachten eines unabhängigen Gutachters ist aussagekräftig, dieses müssen Sie allerdings selbst bezahlen.

Hinweis
¹ Anders als die Begriffe 24 Stunden Pflege oder 24 Stunden Betreuung vermuten lassen, arbeiten unsere Pflegekräfte nicht durchgehend 24 Stunden vor Ort, sondern nach gültigen Arbeitszeitgesetzen mit täglichen Ruhepausen und ausreichenden Ruhe- und Regenerationsphasen. Eine 24-Stunden-Pflege mit durchgehender Präsenz ist dabei nicht ausgeschlossen, erfordert aber den Einsatz von entsprechend mehr Personal.


Der täglich zur Verfügung stehende Stundenumfang der Pflegekraft beinhaltet eine aktive Arbeitszeit und eine Bereitschaftszeit, in der die Pflegekraft vor Ort auf Anforderung zur Verfügung steht. Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils getroffenen Absprachen und berücksichtigt den persönlichen Rhythmus und den gewohnten Tagesablauf des Kunden. Die aktive Zeit beinhaltet Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlicher Tätigkeiten. Dabei verteilt sich die Arbeitszeit auf die Phasen, in denen der Pflegebedürftige konkrete Unterstützung benötigt oder Aufgaben im Haushalt anfallen. Außerhalb dieser Zeiten befindet sich die Pflegekraft auf Abruf in sogenannter Rufbereitschaft. Während dieser Rufbereitschaftszeit besteht für die Pflegekraft keine Verpflichtung, sich im Haus aufzuhalten. Sie kann aber bei Bedarf telefonisch kontaktiert werden, wenn eine konkrete Unterstützung des Pflegebedürftigen vor Ort erforderlich ist. Die Rufbereitschaft besteht auch während der Nacht. Wobei im Fall eines nächtlichen Einsatzes aufgrund der gesetzlichen Ruhezeiten ein Zeitausgleich am Folgetag erforderlich sein kann.


Die Begriffe „24 Stunden Pflege“ und „24 Stunden Betreuung“ werden umgangssprachlich und branchenüblich genutzt.