Pflegewissen
Wissenswertes für Pflegebedürftige sowie pflegende Angehörige

Das Pflegegutachten – Beantragen eines Pflegegrads

Um Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung zu erhalten, müssen Versicherte zunächst einen Antrag bei der jeweiligen Pflegekasse stellen. Bis 31.12.2016 war ein Antrag auf Pflegestufe notwendig, seit 01.01.2017 wird im Zuge des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes ein Antrag auf Pflegegrad erforderlich.

Im Rahmen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes haben die fünf neuen Pflegegrade die bisher geltenden drei Pflegestufen ersetzt, zudem änderte sich das Begutachtungsverfahren zur Einstufung in einen Pflegegrad. Was jedoch gleich bleibt: Ohne Antrag erhält man keinen Pflegegrad und damit auch keine Leistungen aus der Pflegekasse.

Informationen zum Pflegegutachten

Die Pflegebegutachtung stellt die Pflegebedürftigkeit fest und ist damit die Basis für den Erhalt von Leistungen der Pflegekasse. Die Pflegekasse ist es auch, die das Pflegegutachten in Auftrag gibt. Aus dem Pflegegutachten geht eine Empfehlung bezüglich des zu erteilden Pflegegrades sowie ein individueller Pflegeplan hervor. Es dient somit der Feststellung des vorhandenen Pflegebedarfs und der von einem Pflegelaien dafür benötigten Zeit. Anhand dessen können dann die anfallenden Kosten für die notwendigen Leistungen ermittelt werden.

Bei Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse ist für die Erstellung des Pflegegutachtens üblicherweise der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) zuständig, bei Privatversicherten die Medicproof GmbH.
Die beauftragten Gutachter prüfen bei einem Hausbesuch, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und wie diese ggf. einzustufen ist.

Ablauf des Begutachtungsverfahrens

Damit der Gutachter ein umfassendes Bild von der Krankengeschichte des pflegebedürftigen Versicherten erhält, müssen alle Krankenunterlagen vorliegen. Zur Vorbereitung des Pflegegutachtens ist es außerdem empfehlenswert, über zwei oder mehr Wochen ein Pflegetagebuch zu führen, das alle erbrachten Pflegeleistungen in diesem Zeitraum genau darlegt. Darüber hinaus muss bereits vor dem Besuch des Gutachters ein Fragebogen, einen sog. Selbstauskunftsbogen sorgfältig ausgefüllt werden.

Die Grundlage für die Erstellung des Pflegegutachtens bildet eine Beurteilung vorhandener und fehlender Fähigkeiten, die zur Durchführung der Körperpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung notwendig sind. Beim Besuch des Gutachters findet dann zunächst ein Gespräch über die aktuelle Versorgungs- und Betreuungssituation statt. Dieses wird entweder mit dem Pflegebedürftigen selbst, mit einer anwesenden Pflegeperson oder mit beiden getrennt geführt. Auch finden die ärztliche Versorgung (Praxisbesuche) und Heilmittel (Physio- und Ergotherapie sowie Logotherapie) Berücksichtigung bei der Erstellung des Pflegegutachtens.

Alle notwendigen Pflegeleistungen werden ebenfalls aufgeführt und auch das häusliche Umfeld und die Wohnsituation des Pflegebedürftigen spielen bei der Begutachtung eine Rolle. Grundsätzlich dient das Pflegegutachten dazu, festzustellen, wobei die betroffene Person auf personelle Hilfe angewiesen ist, d.h. wie hoch ist der zeitliche Aufwand, der für die Körperpflege, die Mobilität und die Nahrungsaufnahme besteht. Ebenso wird die hauswirtschaftliche Versorgung berücksichtigt.

Widerspruch gegen das Pflegegutachten

Wird der Pflegeantrag abgelehnt, oder ein zu niedriger Pflegegrad erteilt, kann innerhalb von vier Wochen Widerspruch gegen das Pflegegutachten eingelegt werden. Nach Einsicht in das Gutachten sollte in einer detaillierten Begründung dargestellt werden, an welchen Stellen die Beurteilung der pflegerischen Tätigkeiten nicht dem tatsächlichen Hilfebedarf entsprechen würde. Zur Prüfung des Widerspruchs durch die Pflegekasse kann dann der Begutachtungstermin wiederholt werden. Führt eine erneute Begutachtung zu dem selben Ergebnis, bleibt nur noch die Klage vor dem Sozialgericht

Inhalt des Pflegegutachtens

Sowohl bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen als auch bei Privatversicherten erfolgt die Erstellung des Pflegegutachtens anhand festgelegter Begutachtungsrichtlinien. Mithilfe dieser Richtlinien wird das Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit beurteilt, welche zu einem individuellem Pflegegrad führt. Ebenso werden die sog. eingeschränkte Alltagskompetenz bestimmt. Die Begutachtungsrichtlinien sehen für die häufigsten Verrichtungen der Grundpflege festgelegte Zeitkorridore vor, die als Maßstab für die Beurteilung dienen. Pflegeerschwerende oder pflegeerleichternde Faktoren können zwar zu Abweichungen führen, müssen aber begründet werden. Ein häufiges Problem besteht darin, dass die Betroffenen beim Besuch des Gutachters nicht ehrlich zugeben möchten, wie viel Hilfe sie tatsächlich benötigen und durch entsprechende Gegenaussagen die Chancen auf eine realistische Einschätzung deutlich mindern. Um das zu vermeiden, ist es empfehlenswert, dass zumindest eine Bezugsperson des Pflegebedürftigen während des Besuchs durch den Gutachter vor Ort ist. Wir empfehlen eine Begleitung der Pflegebegutachtung durch einen Pflegeberater.

Ist das Pflegegutachten erstellt, wird es der Pflegekasse übergeben. Der darin erfasste zeitliche Aufwand für pflegerelevante Tätigkeiten bildet die Entscheidungsgrundlage des empfohlenen Pflegegrades. Die Pflegekasse sollte innerhalb von vier Wochen über den Pflegeantrag entscheiden. In Ausnahmefällen kann der MDK das Pflegegutachten auch innerhalb einer Woche in einem beschleunigten Verfahren erstellen. Das kann bei einem direkten Übergang des Betroffenen aus dem Krankenhaus in die vollstationäre Pflege der Fall sein. Binnen zwei Wochen muss die Begutachtung stattfinden, wenn die häusliche Pflegeperson in Pflegezeit oder Familienpflegezeit befindlich ist.

Alle notwendigen Pflegeleistungen werden ebenfalls aufgeführt und auch das häusliche Umfeld und die Wohnsituation des Pflegebedürftigen spielen bei der Begutachtung eine Rolle. Grundsätzlich dient das Pflegegutachten dazu, festzustellen, wobei die betroffene Person auf personelle Hilfe angewiesen ist, d.h. wie hoch ist der zeitliche Aufwand, der für die Körperpflege, die Mobilität und die Nahrungsaufnahme besteht. Ebenso wird die hauswirtschaftliche Versorgung berücksichtigt.

In 6 Schritten zum Pflegegrad

  • Fällt Ihnen auf, dass Ihr Angehöriger immer mehr und dauerhaft auf Unterstützung angewiesen ist, so können Sie für ihn oder mit ihm zusammen einen Antrag auf Pflegegrad stellen. Auch wenn Sie bei Ihren Eltern, Großeltern oder Bekannten eine angehende Demenz beobachten, kann für sie ein Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse bestehen.
  • Rufen Sie bei der zuständigen Pflegekasse Ihres Angehörigen an oder schreiben Sie einen kurzen, formlosen Brief an die Pflegekasse und beantragen Sie für ihn Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Pflegekassen sind den zuständigen Krankenkassen angeschlossen. Sie werden nach dem Anruf ein Formular per Post erhalten.
  • Sofern Sie den Antrag telefonisch gestellt haben, erhalten Sie nach dem Anruf ein Formular per Post, das Sie ausfüllen und vom Antragsteller bzw. seinem Bevollmächtigten unterschreiben lassen.
  • Nachdem Sie den Antrag schriftlich eingereicht haben, wird sich ein Gutachter des MDK (bei gesetzlich Versicherten) oder MEDICPROOF (bei privat Versicherten) ankündigen, um einen Termin zu vereinbaren und den Antragsteller persönlich zu begutachten.
  • Nach dem Besuch des Gutachters erhält der Antragsteller den Bescheid von der Pflegekasse über den zugewiesenen Pflegegrad.
  • Sollte der Antragsteller fälschlicherweise keinen Pflegegrad erhalten bzw. ein zu geringer Pflegegrad anerkannt worden sein, so können Sie Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse einlegen. Fordern Sie dafür das Gutachten des MDK bzw. der MEDICPROOF an.
Hinweis
¹ Anders als die Begriffe 24 Stunden Pflege oder 24 Stunden Betreuung vermuten lassen, arbeiten unsere Pflegekräfte nicht durchgehend 24 Stunden vor Ort, sondern nach gültigen Arbeitszeitgesetzen mit täglichen Ruhepausen und ausreichenden Ruhe- und Regenerationsphasen. Eine 24-Stunden-Pflege mit durchgehender Präsenz ist dabei nicht ausgeschlossen, erfordert aber den Einsatz von entsprechend mehr Personal.


Der täglich zur Verfügung stehende Stundenumfang der Pflegekraft beinhaltet eine aktive Arbeitszeit und eine Bereitschaftszeit, in der die Pflegekraft vor Ort auf Anforderung zur Verfügung steht. Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils getroffenen Absprachen und berücksichtigt den persönlichen Rhythmus und den gewohnten Tagesablauf des Kunden. Die aktive Zeit beinhaltet Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlicher Tätigkeiten. Dabei verteilt sich die Arbeitszeit auf die Phasen, in denen der Pflegebedürftige konkrete Unterstützung benötigt oder Aufgaben im Haushalt anfallen. Außerhalb dieser Zeiten befindet sich die Pflegekraft auf Abruf in sogenannter Rufbereitschaft. Während dieser Rufbereitschaftszeit besteht für die Pflegekraft keine Verpflichtung, sich im Haus aufzuhalten. Sie kann aber bei Bedarf telefonisch kontaktiert werden, wenn eine konkrete Unterstützung des Pflegebedürftigen vor Ort erforderlich ist. Die Rufbereitschaft besteht auch während der Nacht. Wobei im Fall eines nächtlichen Einsatzes aufgrund der gesetzlichen Ruhezeiten ein Zeitausgleich am Folgetag erforderlich sein kann.


Die Begriffe „24 Stunden Pflege“ und „24 Stunden Betreuung“ werden umgangssprachlich und branchenüblich genutzt.